Golfen & Hausboot auf der Themse


Ein typisches Narrowboat auf der Themse bei Sonning. Der Kapitän steht zum Steuern bei jedem Wetter draußen an Deck.

 

Mit einem selbst gesteuerten Le Boat Hausboot zum Golfen und Erleben auf der Themse zwischen Oxford und Schloss Windsor

Wir haben eine Flussfahrt für 4 Männer mit dem Hausboot auf der Themse gebucht. Bevor wir jedoch an Bord gehen, bleiben wir zwei Tage in der quirligen Universitätsstadt Oxford. Unser Hotel heißt Malmaison Oxford Castle. Es ist ein ehemaliges viktorianisches Gefängnis mit einzigartigem Luxus. Die Zimmer sind zwar klein, aber gut eingerichtet. Die Lage des Hotels ist eine der besten in Oxford. Wir haben uns in dieser urigen Atmosphäre sehr wohl gefühl.

Oxford gilt als “smartest city” in England. Die Wissenschaft hat die Stadt geprägt, Tradition wird groß geschrieben. Das Stadtzentrum mit seiner Architektur zeugt von einer schillernden Vergangenheit, die von der Universität bestimmt ist. Fast alle Sehenswürdigkeiten der Stadt – vom Musiktheater bis zur Kirche – gehören zur Universität. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts erlebte Oxford einen Aufschwung als Industriestadt, vor allem mit der Automobilproduktion von William Morris. In den 60ern wurde hier der erste Mini produziert, heute gehört das Werk BMW.

Auf der Le Boat Basis in Benson übernehmen wir unser Boot. Es ist fast 15 Meter lang, 4 Meter breit, hat 4 Kabinen mit Dusche, eine Küche und ein Sonnendeck. Es gehört zur Oberklasse der Flotte und heißt Mystique. Obwohl es nur etwa 8 Kilometer in der Stunde läuft, sieht es aus wie ein Schnellboot, das von einem zu recht unbekannten Designer mühsam in Stromlinienformen gepresst wurde.
Ein wenig Angst flößt uns dieses große Schiff schon ein. Wie sollen wir drei Landratten mit diesem Bigliner in den nächsten 8 Tagen ohne fremde Hilfe auf der Themse zu den Sehenswürdigkeiten und zu den Golfplätzen fahren? Aber es kommt nicht so schlimm, wie wir es befürchtet haben. Ein freundlicher Ingenieur von Le Boat zeigt uns, wie das Schiff zu steuern ist, wie man es auf der Stelle dreht; und wie man anlegt. „Eberhard nach vorn, Jupp nach hinten, Peter aufs Deck“, ist mein erster Befehl als Kapitän.

Ganz langsam verlassen wir den Hafen und nähern uns schon bald der ersten Schleuse. Mit viel Geduld und noch mehr Vorsicht durchfahren wir dieses Wasserhindernis. Auf dem Fluss herrscht Rechtsverkehr, und wenn hier und da jemand auf der falschen Seite entgegen kommt, wird locker gewinkt und leise geflucht.
Zwei Stunden später legen wir in Goring an. Wir kaufen Lebensmittel und bereiten eine köstliche Mahlzeit in der gut ausgestatteten Bordküche. Abends trinken wir auf der anderen Seite der Themse – in Streatley – im historischen Gasthof The Swan mit Blick auf die Themse einige Pints und bleiben bis zur Last Order.

Morgens fahren wir in Richtung Reading. Die Stadt war einst bekannt als eine der beliebtesten zehn britischen Einkaufsdestinationen. Heute ist es eine Stadt zum Vorbeifahren. Übermodern pittoresk-protzige Bürohochhäuser aus viel Glas und Beton beherrschen das Stadtbild. Wer die teuren Mieten im nahen London nicht bezahlen kann, hat sein Büro in Reading.
Wir schippern gemächlich weiter und machen eine Barbecuepause in Sonning. Ein verschlafenes Dörfchen, in dem die Zeit stehen geblieben scheint. Im The Bull Inn, gleich hinter der Kirche, serviert uns der Chef einen Hammelrücken allererster Qualität und zerstreut damit alle Vorurteile über die angeblich schlechte englische Küche. Sonning ist ein schöner Ort für eine Übernachtung.

Mit einem Taxi lassen wir uns am nächsten Morgen zum Badgemore Golf Club bringen. Das Clubhaus ist so recht nach unserer Vorstellung, wie Old English sein muss. Der Platz ist ein liebevoll gepflegter Park Course mit altem Baumbestand. Die Badgemore Bahnen gelten als die interessantesten der vielen Golfplätze zwischen Oxford und Windsor. Man muss sein bestes Golf spielen, um nicht unterzugehen.

Wer auf dem “Königlichen Highway“ schippert, lernt vom Fluss aus ein ganz anderes England kennen. Edle Herrenhäuser mit dem Flair von Wohlstand und Überfluss, kleine typisch britische Themse-Örtchen wie aus dem Bilderbuch, freundliche Menschen in urigen Pubs, überall ein ehrfürchtiger Hauch der Royals und liebenswerte Skurrilitäten, wo man sie nicht erwartet.
Im Hafen von Marlow, lernen wir David Barber kennen. Ein Mann in roter Prachtuniform mit Messingknöpfen, weißer Hose und divareskem Gehabe. Er kassiert drei Pounds fürs Anlegen und gibt uns Instruktionen für die Weiterfahrt. „Ein Schwan hat auf der Themse immer Vorfahrt“, sagt er. „Man sollte ihn auch tunlichst nicht verscheuchen oder öffentlich beschimpfen, das grenzt an Majestätsbeleidigung. Die Schwäne auf der Themse gehören nämlich der Krone, und ich“, fährt er mit Stolz in der Stimme fort, ich bin"Her Royal Majesty´s Swan Marker“. Das beeindruckt. Wir erfahren, dass die Queen einmal im Jahr zu ihm nach Marlow kommt und symbolisch einige Schwäne beringt. Er ist der einzige Royal Swan Keeper und er muss dafür sorgen, dass es den Schwänen auf der Themse gut geht. „Wer Schwaneneier aus Nestern stiehlt, wird auch heute noch bestraft“, erklärt er uns.  Bis ins 19. Jahrhundert galt Schwanenbraten zum Weihnachtsfest als Delikatesse, dann aber kam der amerikanische Truthahn in Mode.

In Henley-on-Thames ist eine international besetzte Ruderregatta zwar schon zu Ende, von der Stimmung des gesellschaftlichen Anlasses aber bekommen wir noch einiges mit. Picknick mit Korbkoffer und Champagner auf der Wiese ist ein Muss an diesem Tag. Man lädt uns ein. Der Abend mit Sonnenuntergang an Bord ist traumhaft. Wenn dann auch noch die Leute von den nebenan liegenden Narrowboats herüber kommen, lernt man interessante Menschen kennen und mag gar nicht aufhören, neugierige Fragen zu stellen und selbst zu erzählen.

Früh am nächsten Tag fahren wir zum Temple Golf Club. “The Temple”, wie er von den heimischen Golfern liebevoll genannt wird, hält was man uns versprochen hat. Die teils steil abfallenden Bahnen verlangen einen versierten Umgang mit Schräglagen. Wir ziehen die Höchstnote für den Platzarchitekten. Hier spielt der englische Hochadel, und als wir dann auch noch mit einem Lord im Flight spielen, der uns die Pars nur so um die Ohren haut, ist das Golferglück pur.

Nach zügiger Fahrt ankern wir abends in der Nähe vom Windsor-Castle. Wir bleiben in der Studentenstadt Eton, Heimat des berühmten Eton College, einer der exklusivsten Schulen der Welt mit einer Jahresgebühr von rund £20.000. Rappelvolle Pubs wie aus dem Bilderbuch, handgemalte Schilder an den Türen, dicht gehängte Bilder an den Wänden und bierselige Gemütlichkeit. Ein Pint ist erst dann ein Pint, wenn das schaumlose Bier überschwappt.

Schloss Windsor ist zwar die Lieblings-Sommerresidenz der englischen Königin und immer wieder Ort bedeutender Staatsempfänge, trotzdem finden wir mehr als 23 Pounds Eintritt recht happig für dieses Spektakel. Wir lassen uns trotzdem gezielt auf “Royal Windsor” ein. Wann bekommt man schon mal so viel historischen Prunk zu sehen. „Genau wie im Fernsehen“, hört man bei der berühmten Wachablösung immer wieder. Auch uns beeindruckt Windsor-Castle und das royale Getue.

Bis zur Le Boat Basis in Chertsey ist es nicht weit. Die Landschaft ist romantisch, und die kleinen Orte beiderseits der Themse haben ihre englischen Eigenarten. Hinter großen gepflegten Gärten mit uralten Bäumen liegen beeindruckende Landsitze. Beneidenswert schön. Anlegen dürfen wir nicht. PRIVAT NO MOORING steht unübersehbar auf großen Schildern. Schade!
Abends legen wir unser Boot vor das ein wenig in die Jahre gekommene Hotel The Swan in Staines. Die Küche ist gut, und zum Schlafen haben wir ja unsere Mystique. Wir bleiben über Nacht.

Am nächsten Morgen geht alles ganz schnell und unkompliziert. Pünktlich um 9 Uhr übergeben wir unser Hausboot am Kai der Le Boat Basis in Chertsey.
Wir fahren mit dem Zug nach London und von da mit dem EURO-Trans unter dem Kanal hindurch bis Brüssel und zurück nach Deutschland.

Eine schöne Reise ist zu Ende. Golf Ahoi and Good Bye!



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