Alter schützt vor Leistung nicht.....


Glückwünsche an den Sieger

Rolf Everding zu Gast bei zwei über 90 jährigen Golfern im Golf Club GUT OTTENHAUSEN

„Golfspieler leben länger“, las ich kürzlich in einer Kolumne. „Bewegung an der frischen Luft, Beanspruchung eines Großteils der Muskulatur, und höchste Konzentration bei jedem Schlag fördern die Durchblutung des Gehirns“. Wer gesund alt werden will, muss beizeiten etwas dafür tun, denn altern ist kein plötzliches Ereignis. Der Alterungsprozess gehört zum Leben.

Ich bin auch nicht mehr so ganz jung, aber dass es Golfspieler geben soll, die mit 90 Jahren noch zweimal in der Woche auf den Platz gehen und 18 oder 9 Löcher spielen, konnte ich kaum glauben. Ich hörte mich um und erfuhr, dass es im Golf Club GOLF GUT OTTENHAUSEN bei Detmold gleich zwei Golfer gibt, die älter als 90 Jahre alt sind, und regelmäßig eine ganze Runde spielen.
Wir verabredeten uns und gingen zusammen auf ihrem Heimatplatz auf die Runde

Willi Büker heißt der eine, und Otto Kern der andere. Beide sehen nicht annähernd so alt aus, wie sie sind. „Fit wie ein Turnschuh“, sagt man wohl gemeinhin zu einer derart guten Konstitution. Als ich vor der Runde frage, ob wir mit einem Elektro-Cart fahren wollen, lehnen beide ab. „Das können wir machen, wenn wir alt sind. Noch brauchen wir diese Laufhilfen nicht!“
Ich staune über das, was ich auf der Runde erlebe. Otto schlägt sehr sicher geradeaus und ist mit seinen Abschlägen noch sehr lang. Willi hält sich zurück, aber auch seine Bälle fliegen gut und landen fast immer in der Mitte der Fairways. Keiner der beiden verliert auf den 18 Bahnen einen Ball. Nur ich. Auf der Neun schlage ich meinen Ball links zwischen die Bäume, und den finden wir nicht wieder.
Beide haben große Stärken. Otto ist bei langen Schlägen sehr sicher, Willi macht seine Punkte durch perfekte Annäherungen aufs Green. „Gelernt ist gelernt“, lacht er.
„Gelernt kann ich von mir nicht sagen“, wirft Otto ein, „ich spiele seit fast 80 Jahren Golf, aber eine Trainerstunde habe ich nie gehabt“. Respekt, Respekt, sein Schwung ist geradezu perfekt.   

Willi und Otto spielen recht gutes Golf. Ein Bogey oder auch schon mal besser gelingt Otto öfter mal, über Doppelbogeys und Tripplebogeys regt er sich auf, spielt er ein Par, dann strahlt er.
Willi ist nicht ganz so anspruchsvoll. „Für mich ist ein Score um die 105 Schläge auf einer Runde ein sehr gutes Ergebnis“.

Nach der Neun machen wir eine kleine Pause. Aber nicht, weil meine beiden Oldies das so wollen, sondern weil ich die Gelegenheit nutzen will, etwas über ihr Leben zu erfahren.
Wir setzen uns in die Halftime-Hütte und trinken Kaffee. Essen wollen beide nichts. „Das belastet nur, eine Banane während der Runde ist genug!“

Willi Büker war Direktor der Sparkasse in Detmold und bekam im Ruhestand für seine vielen ehrenamtlichen Tätigkeiten das Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland. Seit seiner Jugend trieb er regelmäßig Sport. Beim Feldhandball als Spieler, beim Hallenhandball als Torwart und im Tennis als erfolgreicher Mannschaftsspieler. 25 mal hat er das Goldene Sportabzeichen gemacht. Mit 62 Jahren nahm er seine erste Trainerstunde und wurde zweimal Clubmeister bei den Senioren. „Golf spiele ich ein bis zweimal in der Woche, das hält gesund. Natürlich weiß ich, dass es ein großes Glück ist, mit 90 noch so fit zu sein, wie ich es bin“, macht er eine Pause, „aber ich habe in meinem ganzen Leben auch einiges dafür getan. Von nix kommt nix“, lacht er.
Otto Kern war Abteilungsleiter in einem Betrieb in Braunschweig. „Ich habe mit elf Jahren als Caddie –zu der Zeit war ein Caddie noch Pflicht - angefangen und durfte mit dreizehn schon an den Deutschen Caddie-Meisterschaften teilnehmen.“ Der Krieg unterbrach seinen golferischen Höhenflug. Erst nach Ende des Zweiten Weltkriegs konnte er in seinem Heimatclub in Braunschweig wieder spielen. Sehr bald war er einstellig. Mit Handicap -1 gehörte er in den 60ger Jahren zur Spitzenklasse der deutschen Amateurgolfer. Er spielte in der deutschen Nationalmannschaft und wurde mehr als 20-mal Clubmeister. Vor 15 Jahren gelang ihm eine 75, und das war ein Schlag weniger als sein Lebensalter. „Das“, so sagt er mir, „möchte ich mal wieder erreichen. Mit  90 Jahren eine 89 hier auf diesem Platz, das wäre mein Traum, aber daraus wird wohl nichts mehr“.
Meine beiden Spielpartner drängen zum Aufbruch. „Mehr als zwei Flights wollen wir nicht durch spielen lassen, wir werden sonst kalt und kommen zu sehr aus dem Rhythmus“.
Und tatsächlich, die Pause und meine vielen Fragen haben beiden nicht gut getan. Sie brauchen zwei Bahnen, um wieder richtig gut drauf zu sein. Ab der Zwölf, ein sehr langes Par 4, spielen sie wieder so gut wie vor der Pause. Ich habe nicht den Eindruck, dass es sie besonders anstrengt. Das Golferglück lacht ihnen aus den Augen.

Willi und Otto nehmen das Ganze zwar ernst, aber irgendwie stehen sie doch über den Dingen. „Wir müssen niemandem mehr etwas beweisen. Die Bewegung an der frischen Luft tut unserem Leben gut, und das wollen wir so lange wie möglich machen“. Das Spiel der beiden lässt ahnen, dass das noch weiter gehen kann.
Nach der Runde unterhalten wir uns im Clubhaus. Ich frage nach ihren Vorbereitungen aufs Spiel, nach ihrer Ernährung und nach vielem mehr. Vor allem aber will ich wissen, welchen Rat sie den Jüngeren geben, gesund alt zu werden. „Regelmäßig Sport, nicht nur mal zum Schwimmen gehen oder ab und zu wandern. Die Stetigkeit ist wichtig, sonst bringt das nichts.  Wer nie Sport getrieben hat und Golf als einen Spaziergang mit Krückstock gesehen hat, der sollte im Alter über 70 nicht mehr mit dem Golfspiel anfangen. Er wird es zu nichts mehr bringen, und dann macht Golf keinen Spaß“.

„Wir wissen natürlich, dass man auch sehr viel Glück haben muss, um mit 90 Jahren noch gesund und alters entsprechend fit zu sein. Jedes Alter hat seine Schwierigkeiten, und das ist etwas, was in gewisser Weise konstant bleibt, doch damit muss man umgehen können“, sagt Willi.
„Wenn du alt werden willst, musst du dein Leben beizeiten darauf einstellen. Wir hören nicht auf zu spielen weil wir alt werden; wir würden alt werden wenn wir aufhörten Golf zu spielen!“

 



Kommentar schreiben: